Sonntag des Erlahmten (4. Sonntag nach Ostern)
„Doch im Grunde ist jede Sünde ein sich losreissen von Gott, denn Gott ist der eigentliche Schlüssel zu unserer Unversehrtheit und Ganzheitlichkeit. Wenn wir uns von Ihm losreissen, dann verlieren wir damit die Möglichkeit ganz zu sein. Und jedes Mal, wenn wir mit einem anderen Menschen nicht so verfahren, wie Christus, der Heiland mit ihm verfahren wäre, dann reissen wir uns von Gott los. Er hat uns gezeigt, was es heisst, ein wirklicher Mensch zu sein, ganzheitlich mit jener göttlichen Stille und göttlichen Schönheit im Innern. Er hat uns den Weg dorthin aufgezeigt ..." - aus einer Predigt zum Sonntag des Erlahmten von Metropolit Antonij von Sourozh
Статья

28. April 1991

Ich möchte euch heute auf drei Dinge aus der Evangeliumslesung, die wir soeben gehört haben, aufmerksam machen. Erstens: Wie furchtbar ist es hören zu müssen, dass sich ein Mensch achtunddreißig Jahre lang in einer solchen Notlage befand, geschlagen, gebrochen durch sein körperliches Leiden und dass sich kein einziger Mensch gefunden hatte, der ihm geholfen hätte. Das, was vor so vielen Jahrhunderten mit diesem einen Menschen geschehen ist, passiert auch heute mit Millionen anderer Menschen, weil unsere Herzen erkaltet sind, weil wir uns nicht wirklich für unseren Nächsten interessieren. Es berührt uns nicht, wenn andere hungern, wenn andere an einer Krankheit leiden, in Verzweiflung geraten, wenn andere auf der Suche sind und ihren Weg ins Leben nicht finden können und so in letzter Konsequenz nicht den Weg zum Lebendigen Gott. Weil unsere Herzen verhärtet sind, bleiben Millionen anderer Menschen in Kälte und Dunkelheit, in Einsamkeit und Grauen.

Das zweite Moment aus dem heutigen Evangelium betrifft eigentlich das gleiche: Wer kann von sich sagen, dass, wenn er etwas sehr will, von etwas träumt, etwas erreichen möchte und gleichzeitig neben ihm ein Mensch steht, der den gleichen Wunsch, die gleichen Sehnsüchte hat, nur noch viel länger und viel größer, er dann sich dem um dieses anderen willen zurücknimmt, zur Seite tritt, um demjenigen zu sagen: Geh du zuerst, ich kann ruhig noch etwas warten? Wer kann das von sich behaupten? Als Antwort auf einen solchen Schritt könnte der Herr jedem von uns - wenn wir zu solch einem Schritt nur fähig wären - einen solchen Frieden, ein solches Licht der Seele schenken, dass uns das, wozu wir mit einer solchen Inbrunst gestrebt haben, schon gar nicht mehr so wichtig sein wird.

Und zum Schluss. Christus sagt zu dem Menschen: Gib acht auf dich und sündige nicht mehr, sonst wird es noch schlimmer werden, als das, was du durchlebt hast. Sünde drückt sich natürlich immer ganz konkret in Worten, Gedanken, Handlungen und Willenbekundungen aus. Doch im Grunde ist jede Sünde ein sich losreissen von Gott, denn Gott ist der eigentliche Schlüssel zu unserer Unversehrtheit und  Ganzheitlichkeit. Wenn wir uns von Ihm losreissen, dann verlieren wir damit die Möglichkeit ganz zu sein. Und jedes Mal, wenn wir mit einem anderen Menschen nicht so verfahren, wie Christus, der Heiland mit ihm verfahren wäre, dann reissen wir uns von Gott los. Er hat uns gezeigt, was es heisst, ein wirklicher Mensch zu sein, ganzheitlich mit jener göttlichen Stille und göttlichen Schönheit im Innern. Er hat uns den Weg dorthin aufgezeigt und uns gewarnt, dass all das, was wir nicht für die Menschen an unserer Seite tun, wir nicht für Ihn tun und umgekehrt, alles, was wir für unseren Nächsten tun, das tun wir für Ihn, weil alles Gute, was für den von uns Geliebten Menschen tun, dieser nie vergessen wird.

Lasst uns über all das nachsinnen, was wir gerade gelesen haben und auch über all die wenigen Hinweise, die ich ich euch zu Bewußtsein bringen wollte. Denkt darüber nach, lasst es in euer Herz, führt es zu eurem Willen. Mögen dann aus diesen Gedanken in euch und aus euch ein lebendiges und schöpferisches Handeln erblühen.

Amen        

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