Die Heilung des Blindgeborenen
„Um uns herum, in unserer Kirche und überall lebt eine Unmenge von Menschen, deren geistige Augen erloschen sind oder die nie zu sehen vermochten. Lasst uns sie mit Liebe und Mitleid bei uns aufnehmen und gemeinsam für sie beten! Doch das reicht noch nicht aus: Wir müssen es lernen, unseren Glauben so zu leben, dass dieser sie begeistert. Wir müssen sie an dem teilhaben lassen, was wir haben. Dazu bedarf es nur eines: Liebe.“ – aus einer Predigt zur Heilung des Blindgeborenen von Metropolit Antonij von Sourozh
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Was für große Angst macht uns physische Blindheit! Wie schrecklich ist es, wenn man einen blinden Menschen trifft, der noch nie etwas sehen konnte und vor dem alle Schönheit und all die Herrlichkeit der Welt, in der wir wohnen, verborgen sind. Wie grausam ist es aber auch, allmählich die Sehkraft zu verlieren.

Ebenso furchtbar erscheint es mir jedoch auch, mit welch schrecklicher Ruhe und Gleichgültigkeit wir geistiger Blindheit in uns und in anderen gegenüberstehen. Manchmal wird ein Mensch sozusagen geistig blind geboren. Für ihn ist diese Welt nicht zu durchschauen. Er sieht in ihr nur die Dinge, ohne den ihnen innewohnenden Schöpfer zu erkennen. Unser Herz jedoch reagiert selten mit Mitleid oder Furcht darüber, dass dieser Mensch unsere Welt nicht ganz wahrnehmen kann, sie nicht sieht und negiert und deshalb uns, die wir unsern Schöpfer erkennen, für Wahnsinnige hält und für Betrüger. Fast immer stehen wir einem solchen Menschen ablehnend gegenüber. Wir nehmen ihn nicht an. Er ist uns fremd. Er lebt in einer Welt, in der nur materiellen Güter existieren. Dabei ist auch er blind, doch wir haben kein Mitleid mit ihm.

Jedes Jahr beten wir hier, dass alle die, die blind im Geiste sind, sehen lernen: alle die, die nicht an Gott glauben, die in dieser reichen Welt - in der doch Gott gegenwärtig ist - nur die physischen Dinge wahrnehmen können. Doch können wir sagen, dass wir dieses Gebet mit dem gleichen Schmerz und der gleichen Ergriffenheit in unserer Seele erleben, wie die Begegnung mit einem Menschen, der blind geboren wurde und nie die physische Welt gesehen hat, selbst wenn dieser reich im Geiste ist?

Es ist manchmal auch so, dass man zunächst noch sehen konnte, doch dann sein Augenlicht allmählich verlor. Dies betrifft die physische Sehkraft genauso, wie die geistige. Das, was man früher sehen konnte, sieht man nicht mehr. Es fehlt an Selbstsicherheit. Man kann nicht mehr glauben, was man einst begriffen hatte: Es gelingt nicht mehr, wenn die Dinge nicht mehr so offensichtlich erscheinen, völlig und ohne zu Zweifeln von der Existenz der unsichtbaren Dingen, das heißt, von den Dingen, die man schon nicht mehr sehen kann, überzeugt zu sein. Haben wir mit jemandem, dem es so geht, Mitleid? Wie helfen wir ihm? Ist es uns bewusst, dass es kein größeres Leid gibt, als die Fähigkeit, die geistige Welt zu schauen, zu verlieren? Alles andere ist im Vergleich damit eine Kleinigkeit! Nein, das begreifen wir nicht zur Genüge. Wir richten und verurteilen, wir entfernen uns von so einem Menschen, wir lehnen ihn ab. Er gehört nicht mehr zu uns.

Doch wo soll er wieder Sehen lernen, wenn nicht bei denen, die sehen können? Nach Glauben ringen, wenn nicht unter denen, die glauben! Auch wenn diese selbst nur schwach im Glauben sind und voller Zweifel! Lasst uns darüber nachdenken! Um uns herum, in unserer Kirche und überall lebt eine Unmenge von Menschen, deren geistige Augen erloschen sind oder die nie zu sehen vermochten. Lasst uns sie mit Liebe und Mitleid bei uns aufnehmen und gemeinsam für sie beten! Doch das reicht noch nicht aus: Wir müssen es lernen, unseren Glauben so zu leben, dass dieser sie begeistert. Wir müssen sie an dem teilhaben lassen, was wir haben. Dazu bedarf es nur eines: Liebe. Eine Liebe jedoch, die bereit ist, bis an die Grenze der menschlichen Möglichkeiten zu gehen und sogar noch darüber hinaus. Lasst uns deshalb beten, dass der Herr unseren Glauben und den der anderen vermehre und uns lehre, so zu lieben, dass ein Anderer durch uns vom Ewigen Leben entflammt wird.

Amen

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