Die Konzeption des Urmonotheismus in den Werken von W. Schmidt
Lange Zeit waren religionswissenschaftliche Theorien populär, die eine gestufte Entwicklung der Religion vermuteten - von primitiven zu komplexeren. Doch W. Schmidt, M. Eliades und andere herausragende Wissenschaftler, bieten als eine Alternative den Urmonotheismus an, der mit der christlichen Vorstellung von der Religionsgeschichte der Menschheit im Einklang steht.
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In der modernen Religionswissenschaft existiert eine These über eine evolutionäre Entstehung der Religion: von den Elementarformen, wie dem Animismus, Magismus,  zu komplizierteren, wie dem Monotheismus. Im Laufe der Entwicklung der  Religionswissenschaft entwickelten sich bestimmte  Schulen und Richtungen. Als Gegengewicht des Evolutionsweges bildete sich eine Richtung, die als grundlegenden Beginn die Konzeption des ursprünglichen Urmonotheismus vorschlug. Darauf stellte sich diese neue Schule die Aufgabe, ihre Theorien aufgrund von konkreten ethnographischen Materialien und Fakten zu beweisen. Einer der Ideologen der gegebenen Richtung war ein deutscher Ethnograph, der katholische Priester Wilhelm Schmidt (1868-1954).

In seinem monumentalen Werk «der Ursprung der Gottesidee», legte er seine Konzeption über die Probleme der Religionsentstehung und ihrer Urformen aus. Dabei berief er sich auf Expeditionen von Religionswissenschaftlern in Amerika, Afrika, Australien und Ozeanien.

Schmidt schrieb, dass sich am Anfang der Urreligion im Bewusstsein der sogenannten primitiven Völker eine Vorstellung über ein Höchstes Wesen befand, transzendent von allem irdischen. Dieses Wesen hatte einen persönlichen Charakter und war eine gewisse Potenz, die sich langsam in der Menschheitsgeschichte entfalten sollte [1, 286].

Als Schmidt von der Kultur der primitiven Völker sprach, vertrat er nicht die Meinung, dass die Kultur der "altertümlichen" Völker eine Art von Stagnation ist, sondern betrachtete diese "Stagnation" als einen Hinweis auf die älteste Stufe der Menschheitsentwicklung, in der Monotheismus eine sehr wichtige soziale Rolle spielte und immer noch spielt [2, 12].

Befassen wir uns mit der Frage, auf welche Weise diese in der zivilisations-kulturellen Beziehung einfachen Menschen zu der Vorstellung von einem mächtigen Höchsten Wesen kamen?

Schmidt gibt die Antwort ausgehend von zwei Positionen: 1. die altertümlichen Menschen hatten eine entwickelte Vorstellung über die allgemeinen Begriffe und suchte nach dem Existenzgrund von allem Sein; 2 Streben zur Personifizierung des gegebenen Grundes.

Das Vorhandensein des Begriffes der "Kausalität" bei den altertümlichen Menschen wird dann sichtbar, wenn wir seine ersten prähistorischen Grabstätten finden. Dabei werden Beweise seines Denkprozesses deutlich (Begräbnisurnen, Gegenstände der Arbeit und des alltäglichen Lebens, alte Artefakte).

Schmidt verbindet die Entstehung des „kausalen" Denkens mit der Körperbewegung, mit bestimmten Taten, mit Handlungen als Zeugnis der äußeren Spiegelung von inneren Prozessen, die mit dem Willen und geistlichem Wissen verbunden sind. Schmidt bezeugt, dass der Urmensch ein vollständig entwickeltes Wesen war, allgemeine Begriffe ausarbeiten und den Grund von Dingen finden konnte.

Die Suche nach dem Grund folgte aus der Selbstbetrachtung. Der Willensinstinkt drängte die altertümlichen Menschen die Umwelt zu erkennen, den Grund für ihre Entstehung zu bestimmen. Zusammen mit dem Erkennungsprozess der Welt gab es einen zeitgleichen Prozess der Personifizierung von Formen und Phänomenen. Dies führt den Urmenschen zum anerkennen des Allhöchsten Wesens, wie einer überirdischen Persönlichkeit, dem Urgrund und Herren und Leiter der ganzen Welt und ihrer Bewegung. Dieses Anerkennen war die Folge von bestimmten logischen und psychologischen Gesetzen. Der Mensch sah die Logik und die Harmonie der Welt, ihre Ordnung und Hierarchie, und kam zur richtigen Schlussfolge, nämlich dass es ein Allhöchstes Wesen gibt [1, 291].

Im Zusammenhang damit kommt die Frage auf, wie sich die altertümlichen Menschen dieses höchste Wesen vorgestellt haben.

Schmidt antwortet, dass es keine prinzipielle Frage gab, ob dieses Höchste Wesen ein Geist oder ein Körper, oder beides zusammen war. In der Vorstellung der Urmenschen war es erhoben nach seinem Inhalt, jedoch einfach in der Form, obwohl es auch anthropomorphe Elemente enthalten konnte. Dabei wiederlegt Schmidt den Animismus, indem er ethnographische Materialien vorlegt. Diese zeigen, dass der Animismus und Totemismus in den Vorstellungen der pigmeen Gruppen fehlt. Und umgekehrt, zu sehen ist ein offensichtliches Vorhandensein eines vergleichsweise reinen „ethnischen" Monotheismus.

Der Urmensch als Persönlichkeit wandte sich an das Höchste Wesen mit Bitten. Die Bitten wurden nicht nur durch Worte ausgedrückt, sondern durch den ganzen Körper. Dies zeigte, dass alle Körperteile dem Wesen gehören. Fast alle „altertümlichen" Stämme nennen ihn „Vater". Dieser Name kommt bei den meisten Stammgruppen vor. Ebenfalls werden ihm die Eigenschaften der Ewigkeit und Überallexistenz  zugeschrieben, es ist eine Quelle der Moral und der Gerechtigkeit [3, 64]. Mit einer großen Sicherheit können wir sagen, dass es das Wesen ist, das wir als den Einen Gott bezeichnen.

Die Konzeption über den Urmonotheismus von W. Schmidt unterstützt ein anderer Religionshistoriker M. Eliades (1907-1986). Er schreibt: „Es gibt keine Zweifel daran, dass die Vorstellung über das Höchste Wesen ein Teil des ältesten und originalen Glaubens der südöstlichen Ureinwohner Australiens ist. Dieser Glauben wurde noch vor der christlichen Mission fixiert. Mehr noch, die Namen, Mythen und Rituale, die mit den höchsten Wesen zusammenhängen, sind absolut geheim. Sie werden nur Eingeweihten bekanntgemacht" [4, 143].

Bei der Beschreibung der religiösen Natur des Urmonotheismus macht M. Eliades einen Akzent auf dem natürlichen Gottesverständnis des Urmenschen: „Es ist offensichtlich, dass der Himmel die Verkörperung der Transzendenz, Macht und Heiligkeit ist. Die einfache Betrachtung des Firmaments gibt dem Urverstand bereits eine religiöse Erfahrung. Und dieses führt auch nicht zwangläufig zur Verehrung des Himmels als einem Teil der Natur. Das Himmelsgewölbe ist etwas, das am weitesten von dem nichtigen Menschen und seiner kleinen Lebensdauer entfernt ist. Der Symbolismus seiner Transzendenz fliest schon aus der Betrachtung seiner unendlichen Höhe heraus." Eliades sagt, dass „für den Urmenschen die Natur nicht einfach nur „natürlich" ist, sie ist gleichzeitig auch übernatürlich. Sie ist also die Äußerung der sakralen Kräfte, und der Chiffre der transzendentalen Realität" [4, 145].

Während der Gebete und Opfergaben an das Höchsten Wesen trat der Urmensch in einen direkten Kontakt mit diesem, und erlebte eine bestimmte religiöse Erfahrung. Der Mensch wurde zum Träger des Sakralen in seinem Leben. Und selbst das Leben wurde für ihn zu einer bestimmten sakralen Handlung, zu einem permanentem sakralen Dialog.

In diesem Sakralen Dialog sollte sich allmählich diese eine Potenz entfalten, die dem „altertümlichen" Menschen seine neuen Erkenntnisse über das Höchste Wesen lieferte. Sie gründete mit ihm eine Beziehung und vermittelte tiefere religiöse Erfahrungen. Eine solche Form des Lebens findet sich auch in der modernen Konzeption des religiösen Existenzialisten Martin Bubers (1878-1965), in der Gott sich dem Menschen durch einen Dialog offenbart. Das religiöse Gefühl existiert unmittelbar in dem menschlichen Sein [5, 98].

Auf diese Weise entsteht eine Verbindung zwischen dem Bewusstsein des Urmenschen und des modernen Menschen, was im Gesamten von dem Menschen, unabhängig vom Zeitabschnitt, als von einem homo religious zeugt, dem die Vorstellung von dem Einen Höchsten Wesen, wie eine potenzielle Offenbarung, von Anfang an inne ist.

Die Konzeption von Wilhelm Schmidt bleibt aktuell, auch wenn es verschiedene Herangehensweisen bei der Frage der Religionsentstehung und ihrer Anfangsformen gibt. Doch kann auf die Theorie des Urmonotheismus wie auf eine der zuverlässigsten, logisch begründetsten und durch eine große Anzahl an ethnographischem Material belegte Konzeption in der theologischen Wissenschaft verwiesen werden.

Literatur:

  • 1. Schmidt W. Der Ursprung der Gottesidee. Band 12. Münster, 1955
  • 2. Schmidt W. Der Monotheismus der Primitiven. St. Gabriel, 1930
  • 3. Schmidt W. Ursprung und Werden der Religion. Münster, 1930
  • 4. Eliade М. Heilige und irdische. Мoskau, 1994
  • 5. Buber М. Zwei Gestalt des Glaube. Мoskau, 1995
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