Vom reichen Jüngling
In dem Moment, in dem wir uns irgendetwas zu Eigen machen wollen und sagen: „Das gehört mir!“, fallen wir heraus aus dem Reich Gottes, weil das, was wir unser Eigen nennen, schon keine Gabe der Liebe mehr ist, sondern Eigentum. Wenn wir vollkommen sein möchten, dann sollten wir uns lösen von dem Bewusstsein, dass uns angeblich irgendetwas gehört. Nicht mit dem Gefühl, damit völlig arm und ohne Heimat zu sein, sondern vielmehr voller Freude im Herzen darüber, dass alles, was wir haben, auch wenn es uns nicht gehört, eine Gabe der Liebe ist und ein Beweis dafür, dass wir von Gott ganz persönlich geliebt sind, ja, dass sich in all dem, was unser Leben ausmacht, aber auch durch die Liebe der Menschen, Gottes Fürsorge für uns ausdrückt.“ – aus einer Predigt von Metropolit Antonij von Sourozh zum Evangelium vom reichen Jüngling
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Was soll ich tun, um vollkommen zu sein – war die Frage des reichen Jünglings an Christus, den Heiland. Und Christus, indem Er Seine eigenen Worte zitiert: Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist! - antwortet ihm: Folge Mir nach! Nicht nur in dem Sinne, dass er all seine irdischen Sorgen hinter sich lassen und sich einreihen soll  in die Reihe Seiner Jünger. Vielmehr meint Christus: Folge mir nach mit deinem gesamten inneren Wesen und auf all deinen inneren Wegen, denn Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben! Folge Mir! Die Bedingung dafür ist, all das beiseite zu lassen, was unseren angeblichen Reichtum ausmacht, ja all das, wovon wir sagen: Das ist meins. Denn das Gottesreich ist nicht ein Reich von Besitzenden, sondern das Reich der Liebe, wo sich niemand etwas aneignen und nichts sein Eigen nennen kann, weil alles, was wir haben, und alles, was wir sind, nichts anderes ist als eine Gabe der Liebe, der Liebe Gottes und der Liebe der Menschen zu uns. Unser Sein, das in unseren Seelen und Leibern wie aus einer unendlichen Quelle strömt, unser Verstand und unser Herz, unser lebendiger Wille und unsere Freundschaften, unsere Verwandten und unsere Heimat, ja die ganze Schönheit der Erde, aber auch das Grauen, in das wir getaucht sind, um es zum Licht und zu ihm die Liebe Gottes zu bringen, ist uns alles gegeben  - sei es von den Menschen, sei es von Gott -  aus Liebe.

In dem Moment, in dem wir uns irgendetwas zu Eigen machen wollen und sagen: „Das gehört mir!“, fallen wir heraus aus dem Reich Gottes, weil das, was wir unser Eigen nennen, schon keine Gabe der Liebe mehr ist, sondern Eigentum. Wenn wir vollkommen sein möchten, dann sollten wir uns frei machen und lösen von dem Bewusstsein, dass uns angeblich irgendetwas gehört, denn nur befreit von dem können wir in das Mysterium der Göttlichen und menschlichen Liebe eingehen.

Der Jüngling, der sich an Christus gewandt hatte, war reich an irdischem Hab und Gut. Viele von uns mögen nun sagen: „Ich habe doch aber gar nichts!“. Nein, so betrügen wir uns selbst! Jeder von uns ist auf etwas stolz oder tut sich wegen irgendetwas groß. Jeder meint, dass er etwas besonders Wertvolles, etwas Eigenes besitze: der eine Verstand, der andere ein sensibles Herz, der eine Schönheit, der andere die Gabe zu reden, der eine Bildung, der andere herzliche Einfachheit. Jeder von uns kann in sich etwas finden, was er als seine ganz eigene Gabe empfindet, etwas, was er meint dass es nur ihm ganz allein gehört und was deshalb sein Kennzeichen darstellen könnte. Jeder sollte sich jedoch von einem solchen Bewusstsein lossagen – nicht mit dem Gefühl, damit völlig arm und ohne Heimat zu sein, sondern vielmehr voller Freude im Herzen darüber, dass alles, was er hat, auch wenn es ihm nicht gehört - alles ohne Ausnahme! - eine Gabe der Liebe ist und ein Beweis dafür, dass er von Gott ganz persönlich geliebt ist, ja dass sich in all dem, was sein Leben ausmacht, aber auch durch die Liebe der Menschen, Gottes Fürsorge für ihn ausdrückt. Dann wird das Leben eines jeden in der Tat zum Beginn des Gottesreiches. Dann können wir wirklich Christus nachfolgen, denn von Christus wissen wir aus dem Evangelium und aus dem Zeugnis der Apostel, dass Er, reich an Seiner strahlenden und herrlichen Gottheit, es beschlossen hatte, für uns und aus Liebe zu uns zu verarmen und ein Mittelloser zu werden, Sich selbst zu erniedrigen und sich hilflos und verletzlich in die Hände der Menschen zu begeben. Er, unser Herr und Gott, nahm die Gestalt eines Knechtes an, die Rolle eines Dieners und das Leben eines Heimatlosen in einem heimatlosen Volk, unter gestrandeten und verarmten Menschen.

Nur so können wir dem Sohn Gottes gleich werden, Der uns auf verständliche Weise gezeigt hat, wer Gott ist: Liebe, Demut, aber auch Größe.

Das ist es, was uns das Evangelium von heute sagen möchte. Das ist es, wozu wir berufen sind! Denn wir sind in der Tat dazu aufgefordert, vollkommen zu sein, wie unser Vater im Himmel. Der Heiland sagt: Niemand ist gut, außer Gott. Einen Weg dahin gibt es nur einen, nämlich Christus gleich und ähnlich zu werden, Seinen Weg zu gehen und ihn zu dem unseren werden zu lassen, Seine Redlichkeit und Sein Leben in unserem Handeln und Tun fortzusetzen und ebenso wie Er arm zu werden bis zum Letzten, damit alles Gott gehört und in uns nichts mehr übrig bleibt, außer der triumphierenden Göttlichen Gnade und Seines Lebens.

Amen

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